Ortsbeschreibung

Geschichte, Sehenswürdigkeiten und Persönlichkeiten

 

Die Geschichte unserer Partnerstadt St Philbert de Grand Lieu ist untrennbar mit einem der großen Heiligen des frühen Mittelalters verbunden, der ja schließlich auch zum Namensgeber wurde. Es handelt sich dabei um den 617 / 618 geborenen und 684 gestorbenen Saint Philibert. Er war ein Freund des damaligen Merowingerkönigs Dagobert und gründete im Laufe seines Lebens mehrere Klöster, darunter 654 Jumièges bei Rouen und 674 Noirmoutier auf der im Atlantik südlich der Loire-Mündung gelegenen gleichnamigen Insel. Dort ist er auch 684 gestorben. Um seine Gebeine vor den damals immer wieder die Küstenregionen verheerenden Normannen zu schützen, überführten sie seine Ordensbrüder weiter ins Landesinnere in einen kleinen Ort mit Namen Deas, aus dem sich schließlich unsere Partnerstadt St Philbert de Grand Lieu entwickelte. Unter Ludwig I. (dem Heiligen), einem der Söhne Karls des Großen, wurde im damaligen Deas von Abt Arnoult von Normoutier für seinen großen Vorgänger eine karolingische Abteikirche errichtet, die - nach mehrfachen Umbauten und umfangreichen Renovierungsarbeiten - heute als Wahrzeichen und Schmuckstück der Stadt angesehen werden kann. Diese wurde übrigens schon 1119 von Deas in St Philbert umbenannt. In einem noch vorhandenen großen und schweren Marmor-Sarkophag befanden sich die Gebeine Philiberts nur wenige Jahre, denn die Normannen drangen jetzt auch ins Landesinnere vor und zerstörten dabei 847 auch die Kirche in Deas. Kurz zuvor hatte man die wertvollen Reliquien von dort schon wieder weggebracht.

 

Auf einigen Umwegen gelangten sie schließlich nach Tournus in Burgund, wo mit der nach dem Heiligen benannten Abteikirche St Philibert einer der schönsten romanischen Sakralbauten Frankreichs steht.Auch die im neugotischen Stil zwischen 1862 und 1869 errichtete Pfarrkirche von St Philbert de Grand Lieu mit ihrem 65 m hohen Turm ist nach dem Heiligen benannt. Berühmt ist die in der Kirche stehende Orgel der Brüder Adrien und Salomon Van Bever, die in Amiens und Brüssel ihre Werkstätten hatten. Die hier erwähnte Orgel wurde in den Jahren 1893 / 94 für die Kirche St. Grégoire in Tours erbaut und dort auch aufgestellt. Erst 1920 erwarb St. Philbert die wertvolle Orgel und ließ sie nach hier verbringen.In der Nähe der Kirche befindet sich das Denkmal für den 1805 in St. Philbert geborenen General Christophe de Lamoricière, der bei der Eroberung Algeriens Gouverneur der Provinz Oran war und der nach jahrelangen harten Kämpfen schließlich 1847 den berühmten algerischen Freiheitskämpfer Abd el-Kader besiegte und gefangen nahm. Dafür wurde ihm 1909 in Constantine ein Denkmal errichtet, das nach der algerischen Unabhängigkeit dort abgebaut und 1969 nach St Grabmal Lamoricières, der 1865 starb, befindet sich in der Kathedrale von Nantes.

 

 

sp3

St Philbert mit dem nordwestlich der Stadt erkennbaren See

 

Eine besondere Attraktion unserer Partnerstadt ist der in der Nähe gelegene Lac de Grand Lieu, ein ungewöhnlicher flacher Binnensee, mit jahreszeitlich stark wechselnden Wasserständen. Die vom See bedeckte Fläche schwankt dabei von 35 bis 65 km², die Wassertiefe von 1,6 bis 4,0 m. Bei maximaler Ausdehnung ist der See das größte Binnengewässer Frankreichs. Der See wird von zwei Zuflüssen mit Namen l’Ognon und Boulogne (fließt durch St Philbert) gespeist,Der Lac de Grand Lieu ist ein Naturparadies mit über 250 verschiedenen Vogelarten, darunter der größten Graureiher-Kolonie Europas. Unter den rund 50 am See lebenden Säugetieren befinden sich auch Fischotter und Nerze. Der Lac de Grand Lieu ist auch ein herrliches Wandergebiet, allerdings ohne Badestrände. Der See hat ohne Zweifel zum Aufschwung des Tourismus in und um St Philbert beigetragen. Einen Badestrand gibt es dennoch in St. Philbert, und zwar an einem kleinen See in der Stadt neben der Boulogne.

 

Weitere Sehenswürdigkeiten im Ort sind

  • der zur ehemaligen Abtei gehörende Kräuter- und Obstgarten
  • der alte Kloster-Friedhof,
  • das “Haus der Vögel” mit Exponaten aus dem Bereich des Lac de Grand Lieu,
  • besonders schöne Wanderwege in und um St Philbert, für die es bei der
  • Gemeindeverwaltung besondere Karten gibt.,
  • der “Parc de la Bologne” im Tal des gleichnamigen Flusses, an dem St Philbert liegt, mit Badestrand und Wassersportmöglichkeiten
 

Unsere französische Partnerstadt bildet heute eine aus 5 Einzelgemeinden bestehende, “Kanton” genannte Verwaltungseinheit, von denen St Philbert mit etwa 7 600 Einwohnern die größte ist. Die Bevölkerungszahl hat sich in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt, eine überaus positive Entwicklung. Dazu beigetragen hat sicher die Nähe zur aufstrebenden Wirtschaftsmetropole Nantes (Fahrzeit dorthin nur etwa 15 Minuten) mit ihrem vielfältigen Angebot an Arbeitsplätzen, kulturellen Einrichtungen (Theater, Konzerte, Museen) sowie den vielen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, insbesondere durch die hoch angesehene Universität.Vielfältig ist auch das Vereinswesen in unserer Partnerstadt selbst. So gibt es dort ein bekanntes Blasorchester, einen Gesangverein, eine Jäger-Vereinigung, einen Anglerverein, einen Golfclub, zahlreiche weitere Sportvereine und die in der Stadt hoch angesehene Freiwillige Feuerwehr, die schon zu Besuch bei ihren Bickenbacher Kollegen war. Die Verschwisterung zwischen St Philbert und Bickenbach kam auf französischen Wunsch zustande.

 

Nachdem man schon seit 1986 eine britische Partnerstadt (Radyr & Morganstown) hatte, suchte man als Ergänzung noch eine passende deutsche Gemeinde und stieß dabei auf Bickenbach. Dort wurde das Ansinnen positiv aufgenommen, und unsere Gemeinde beschloss, die Einladung zur ersten Verschwisterungsfeier in Bickenbach auf eine etwas ungewöhnlich Weise nach St Philbert bringen zu lassen: Am 18. Juni 2005 startete in Bickenbach eine aus 8 Radfahrern und zwei Begleitpersonen in einem Kleinbus bestehende Gruppe und kam nach einer Fahrt von rund 1050 km am 2. Juli in St Philbert an, um dort die Einladung zur Verschwisterungsfeier am 10. September 2005 in Bickenbach zu überreichen. Den Radfahrern wurde von unseren französischen Freunden bei ihrer Ankunft ein großer Empfang bereitet. Rund ein Jahr nach der Veranstaltung in Bickenbach fand dann am 29. September 2006 in St Philbert die zweite Verschwisterungsfeier statt, an der Bürgermeister Martini mit einigen Gemeindevertretern und zahlreiche Mitglieder des hiesigen Partnerschaftsvereins teilnahmen.

 

Den Auftakt bildete eine festliche akademische Feier in der alten karolingischen Abteikirche, in deren Verlauf die Verschwisterungsurkunden von den Bürgermeistern unterzeichnet und ausgetauscht wurden. Es schloss sich ein Festzug durch die Stadt an, der von einer Blaskapelle angeführt wurde. In einer kleinen Grünanlage pflanzte Peter Böhm dann ein von der Bergstraße mitgebrachtes Mandelbäumchen und begoss es mit Wasser aus dem Landbach, das er in einem Kanister ebenfalls mitgenommen hatte. Anschließend verteilte er zur großen Freude der Anwesenden von ihm selbst gebackenen Mandelkuchen.Danach setzte der Zug seinen Weg zur örtlichen Festhalle fort, wo er schon von den beiden Bürgermeistern und den Vorsitzenden der Partnerschaftsvereine erwartet wurde. Nach den offiziellen Begrüßungsreden und einem gemeinsamen festlichen Abendessen begann dann ein buntes Programm mit Musik, Tanz und Unterhaltung, zu dem auch Bickenbacher “Künstler” Beiträge leisteten. Bis tief in die Nacht wurde deutsch-französische Freundschaft praktiziert. Seit dieser Zeit gab es viele gegenseitige Besuche und Beteiligungen an jeweils örtlichen Veranstaltungen, in Bickenbach zum Beispiel beim Bachgassfest oder dem Weihnachtsmarkt, wo auf dem Stand des Partnerschaftsvereins dann regional-typische Produkte aus St Philbert (oder Tricarico) angeboten werden. Kontakte und gegenseitige Besuche gab und gibt es auch auf Vereinsebene, zum Beispiel zwischen den Freiwilligen Feuerwehren beider Städte, Orchestern, Kindergärten und Jugendgruppen. Die deutsch-französische Partnerschaft im Rahmen der Verschwisterung hat sich also sehr erfreulich entwickelt.

 

Ein abschließender Hinweis:

Bürgermeisterin von St Philbert de Grand Lieu ist seit 2008 Mme Monique Rabin, die damals nach einer Wahlwiederholung M. Yvonnick Gilet ablöste, der noch auf vielen Fotos in der obigen “Bildergalerie” zu sehen ist.